Manche fasten, ich mache eine Ayurveda Kur
Da hat meine Spontanität im Februar 2024 mal wieder voll zugeschlagen… Der Gedanke an eine Ayurveda Kur spukte mir schon seit ein paar Monaten im Kopf herum. Als die Mandate dann nach den ersten paar Wochen im neuen Jahr immer noch nicht so wirklich Fahrt aufnahmen, entschloss ich mich kurzfristig, nach Indien zu fliegen und mich einer Detox Kur zu unterziehen. Mein Körper musste in den vergangenen Monaten ziemlich viel ertragen (Operation, Erkältungen, Hormonschwankungen, etc.) und hatte definitiv eine Intensivpflege verdient. Wobei Pflege nicht immer der zutreffende Begriff während einer Ayurveda Kur ist. Aber alles der Reihe nach.
Detox von A – Z über 3.5 Wochen
Kaltstart mit ein paar „Schocks“
2013, Juni, Nattika Beach Resort in Trissur / Kerala / Indien – das war meine erste Begegnung mit Ayurveda. Ganze vier Wochen während der Regenzeit. Ich sollte also wissen, auf was ich mich einlasse, einverstanden?
2024, Februar / März, Somatheeram Ayurveda Resort in Trivandrum / Kerala / Indien – 36° tagsüber, 26° nachts, kein einziger Regentropfen, dafür umso mehr Schweiss.
Das war der erste „Schock“: das Klima. Ich wollte einfach diese Kur machen und habe mich nicht mit dem Wetter auseinander gesetzt. So kurz vor dem Koffer packen wagte ich dann mal einen Blick auf die Wetterprognosen und bin erschrocken. Ich mag keine Hitze und dann ist es auch noch so feucht. So in der Art, dass man im Schatten sitzt, sich nicht bewegt, aber der Schweiss nur so runter läuft. Oke, was will ich machen? Die Klimaanlage einschalten und damit umgehen. Ich bin ein lösungsorientierter Mensch und versuche, mich nicht zu lange mit dem Problem aufzuhalten. Das war in diesem Zusammenhang schwieriger als gedacht – aber dazu später mehr.
Zirka Tag 2: uups, bin ich genervt und zwar so richtig! Irgendwie passt gerade fast gar nichts und ich frage mich, wieso ich immer solch tolle, spontane Ideen habe und diese dann auch noch gleich umsetze. Echt jetzt! Aber Moment mal… Habe ich nicht mal gelesen, dass man bei Zuckerentzug ganz schön zickig werden kann? Wie lange dauert das? Bei mir etwa 3 – 4 Tage. Aber ich vermisse meine Cola und Schokolade sooooooo fest!
Tag 3: oh nein, meine Haut beginnt zu reagieren. Und das schon so früh… Ich habe seit meiner Geburt Neurodermitis. In den vergangen Jahren reduzierten sich die Schübe auf ca. ein Mal alle 12 Monate und sind meistens psychisch bedingt. Zum Beispiel wenn ich Stress habe oder mich nicht wohl fühle. Früher habe ich oft auch auf Nahrungsmittel reagiert, das ist heute kaum noch der Fall. Zum Glück habe ich dieses Mal Anti Histamin Tabletten und Kortison Salbe dabei – die werde ich noch brauchen.
Essen – oder anders gesagt: oben kommt mal Nahrung rein
Ein physisches Grundbedürfnis von uns Lebewesen: Essen. Was ist deine Leibspeise? Also ich mag Indisches Essen sehr. Auch auf Fleisch und Alkohol zu verzichten, fällt mich nicht schwer. Und trotzdem machen den meisten Gästen die Einschränkungen früher oder später zu schaffen. Wie funktioniert das genau mit dem Essen?
Auf dem Buffet ist bei jedem Gericht angeschrieben, welche Doshas (Konstitutionen) sich bedienen dürfen. Es gibt drei verschiedene Doshas (Vatha, Pitha, Kapha) und Kombinationen davon. Ich bin Vatha / Pitha. Das Raw Papaya Mezhukku dürfen also alle essen (siehe unten). Du siehst übrigens im Bild auch noch eine Papaya. In diesem Fall ist den meisten bewusst, wie eine Papaya aussieht. Es gibt aber auch Gemüse und Früchte, die bei uns alles andere als gängig sind. Und dann ist man durchaus auch mal froh, das Nahrungsmittel zu sehen.
Während einer Kur sollte man drei Mal pro Tag essen. In diesem Resort gibt es auch Nahrungsmittel, welche eigentlich nicht wirklich zur Kur passen – zum Beispiel Kaffee oder Toast… Es unterstützt die Entgiftung, wenn man gekochte und warme Speisen zu sich nimmt und bei den typisch ayurvedischen Zutaten bleibt. Schlussendlich trägt aber jeder die Verantwortung für sich selbst, wie überall. Getrunken wird entweder warmes Wasser oder Kräuterwasser (so eine Art Tee).
Nochmals zurück zum Zucker: Es wird schon Zucker verwendet, aber nur Palmzucker oder dann halt Früchte. Am Morgen hatte es auch Honig, deshalb habe ich mir meistens ein Porridge mit Honig und Früchten gegönnt. Ich liebe das und koche es mir auch ab und zu mal zu Hause. Um die Entgiftung optimal zu unterstützen, habe ich so oft wie möglich auf Nachspeisen verzichtet.
Detox, Baby! Durch alle Öffnungen rein, durch (fast) alle wieder raus
Der Kern einer Ayurveda Kur ist der tägliche Arztbesuch und die anschliessende Behandlung. Puls, Blutdruck, Stuhlgang, Schlaf, Essen, allgemeines Wohlbefinden: alles wird abgefragt und danach die tägliche Behandlung definiert. Was kann denn Teil einer Behandlung sein? Massagen gehören immer dazu. Auch Bäder, Packungen, Masken, Stirngüsse, Gesichtsbehandlungen, Fussreflexzonenbehandlungen, etc. Alles in Allem viel Öl, Kräuter und Gewürze. Und zwar durch alle Öffnungen und am ganzen Körper.
Diese Behandlungen begleiten den eigentlichen Detox Prozess. Neugierig? Ich hoffe, du bist nicht heikel? Ansonsten gehst du vielleicht lieber zum nächsten Abschnitt weiter…
Die Reinigung besteht aus Abführen, verschiedenen Einläufen und eventuell Erbrechen.
- Im ersten Schritt (je nach Länge der Kur nach ca. 5 – 7 Tagen) erhältst du Abführmittel, das dich auf das Klo zwingt. Bei vielen brauchte es 3 – 4 Toilettengänge, bei mir leider deutlich mehr – hach mein Reizdarm und angespannter Stoffwechsel machen sich auch immer mal wieder bemerkbar. Absturz des Blutdrucks inklusive – aber zum Glück weiss ich mittlerweile, wie ich damit umgehen kann.
Der Darm ist dann ziemlich leer und die groben Giftstoffe haben sich verabschiedet. - Im zweiten Schritt folgt an zwei aufeinander folgenden Tagen ein kleiner Öleinlauf. Nur etwa 1.5 Deziliter, also nicht so viel. Aber ich empfinde das als soooo unangenehm – das geht irgendwie in die falsche Richtung und danach ist so ziemlich unklar, wie schnell und in wie vielen Sessions das Öl wieder rauskommt. Also ich habe mich dann die kommenden Stunden lediglich rund um meine Hütte geschlichen.
Der Nutzen ist übrigens die Reinigung und Pflege des Darms. - Wieder einen Tag später gibt es dann den grossen Einlauf. Jawohl! Eine Mischung aus Öl und Kräuterwasser – mehr als einen Liter. Das dauert dann auch mal ein paar Minuten – die Mütter kennen es möglicherweise von der Geburt her. Und dann geht es wieder mal rund. Das Ganze muss ja auch wieder raus. Zum Glück ist der Weg von der Holzliege zum WC nur sehr kurz. Danach bist du aber komplett rein – juhuuu! Vorbei! Ehhh nein, es geht noch weiter.
- Nochmals ein kleiner Öleinlauf einen Tag später. Und jetzt ist es aber vorbei.
Bist du noch bei mir?
Und ja, wir Gäste haben uns täglich über unsere Erfahrungen unterhalten. Manchmal war es amüsant, manchmal weniger… Aber es tut irgendwie gut, über ein Thema, das sonst so unter der Decke gehalten wird, ganz offen sprechen zu können. Stuhlgang und Erbrechen sind komplett natürliche Prozesse und während der Kur wird das von den Ärzten und Therapeutinnen auch so behandelt. Einfach nur erfrischend und wohltuend!
Meditation, Yoga und Co.
Zum Tagesprogramm einer Ayurveda Kur gehören auch Meditation und Yoga – für die anderen. Oke, ich bin da nicht so diszipliniert respektive habe meine eigene Herangehensweise. Ich meditiere lieber während ich mich bewege oder dann morgens oder abends auf dem Bett. Das habe ich dann so auch während der Kur weitergeführt. Und manchmal gibt es auch während der Behandlung 20 – 30 Minuten Pause (z.B. während die Packung wirkt), die ich für eine Meditation à la Nicole genutzt habe.
Und Yoga? Machst du Yoga? Dann höchstwahrscheinlich nicht so, wie es während der Kur angeboten wird. Im Ayurveda Resort wird therapeutisches Yoga durchgeführt. Das sind langsame, gleichbleibende Bewegungen mit vielen Pausen dazwischen. Ich habe dann mit dem Arzt vereinbart, dass ich schwimmen gehe und mich so bewege. Nebst den 90 Stufen, die ich mehrmals täglich von meinem Häuschen zum Treatment Center oder dem Restaurant zurück legte.
Ach, und ich hätte sogar noch eine Ausrede auf Lager! Wegen meiner andauernden Hautausschläge musste ich Schwitzen so gut wie möglich vermeiden – die Haut begann sofort sehr übel zu jucken. Und du glaubst es nicht, aber auch um 7.15 Uhr morgens in der Meditationshalle ist den meisten der Schweiss nur so runter gelaufen. Unglaublich! Das Wetter war wirklich nicht meins…
Was war meine grösste Herausforderung?
Ja eben diese Hautausschläge waren meine grösste Herausforderung in den 3.5 Wochen. Und nicht nur meine… Die Ärzte waren zum Teil auch ganz schön mit ihrem Latein am Ende und haben mich bereits Stunden vor meiner Konsultation angerufen, wie die Nacht war und wie es meiner Haut heute geht. Auch die Therapeutinnen haben jeden Tag neue Tricks aus dem Hut gezaubert, damit ich möglichst ohne Kortison auskomme.
Während der Kur kommen manchmal auch Emotionen hoch, die lange Zeit verdrängt waren. Das hat die tägliche Arbeit am und mit dem Körper so an sich. Wusstest du, dass unsere Gefühle immer irgendwo im Körper gespeichert werden? Vor allem die, die sehr prägend waren. Diese können an die Oberfläche gespült werden. Auch bei mir war das so und ich hatte auch immer mal wieder mit den Tränen zu kämpfen. Aber das bietet auch die Chance, gewisse Themen aufzunehmen. Und genug Zeit für Reflexion hast du allemal.
Was hat mein Herz am meisten erfreut?
Das grösste Highlight für mich? Diese Leidenschaft mit der die meisten Angestellten ihre Arbeit ausführen. Das ist absolut nicht selbstverständlich, denn es hat genügend Gäste, die alles andere als freundlich sind. Sich gut aufgehoben zu fühlen, ist ein grosses Geschenk. Umso mehr, wenn man tagtäglich erfahren darf, dass den Mitarbeitenden des Resorts das Wohlergehen des Gastes so am Herzen liegt. Sie haben selbst wenig, arbeiten enorm viel und geben mit Herzblut.
Eine Aussage von meiner Mama ist mir immer wieder in den Sinn gekommen: wie man in den Wald ruft, so ruft es auch wieder heraus. Der Aufenthalt in diesem Hotel hat mir wieder mal so klar aufgezeigt, welchen Unterschied es machen kann, wenn man freundlich zu den Menschen ist und alle gleich behandelt – egal ob es der Manager ist oder die Putzfrau. Wenn einem jeder Wunsch von den Augen abgelesen wird, ohne dass man ständig Trinkgeld gibt, dann lässt das auf gegenseitigen Respekt schliessen. Ich sage mir immer: zum Glück machen diese Menschen ihren Job, ansonsten hätte ich nicht eine so wunderbare Zeit. Ich bin dankbar!
Es kribbelt dich unter den Nägeln? Halt! Das solltest du dich vor einer Buchung fragen:
- Ist es wichtig für dich, dass du schön gestylt bist? Könnte schwierig werden… Öl überall, vor allem in den Haaren und auf den Nägeln wird man das Öl kaum los. Ach ja, und die Haare werden auch jeden Tag während der ersten Massage zerzaust, als wenn es kein Morgen gäbe.
- Ist dir Körperkontakt unangenehm? Die Therapeuten berühren dich so ziemlich überall. Da rutschen die Finger auch mal dem Po-Spalt entlang und das Massieren der Brüste ist ganz normal. Du liegst nackt oder nur mit einem „pro forma“ Höschen auf der Holzliege und wirst „bearbeitet“. Ich glaube, die Damen und Herren kämen von sich aus kaum auf die Idee, dass es für uns komisch sein könnte.
- Du wünscht dir, dass die dir unbekannten Therapeuten liebevoll mit dir umgehen und eine schöne Atmosphäre schaffen? Liebevoll sind sie, aber auf ihre Weise. Sie sind sehr klar in ihren Anweisungen. Da wird das Bein da hin gezogen und der Kopf sehr bestimmt in die richtige Position gebracht. Sie schieben dich mit der Hand auf dem Po in den Raum und streichen dir Minuten später während dem Einlauf liebevoll über die Wange. Und Ruhe ist während der Behandlung selten. Ich habe mich regelmässig gefragt, was sie sich die ganze Zeit zu erzählen haben. Vom Klappern der Töpfe ganz zu schweigen.
- Bist du aufgeschlossen gegenüber Gerichten, die du noch nie gesehen hast? Zu essen gibt es, was es gibt. Kein Fleisch, keinen Alkohol, keine Softdrinks, keinen weissen Zucker. Die Auswahl ist beschränkt und das Indische Essen kann man zum Teil eher schlürfen als man es kauen müsste. Natürlich könntest du aus dem Resort raus und in ein Restaurant, aber das wäre ja nicht der Sinn und Zweck, oder?
- Fühlst du dich unwohl, wenn du ausser schlafen, essen, Behandlung, Meditation und Yoga nichts anderes machen sollst? Also lesen darfst du. Einen Fernseher hat es theoretisch ebenfalls im Zimmer. Ich habe viele Podcasts gehört und auch mal ein paar Schritte ausserhalb des Hotels unternommen. Aber alles in allem sollst du deinem Körper und Geist Ruhe gönnen. Dafür hat jedes Cottage eine Hängematte und Liegestuhl.
So typisch Coach: was sind meine nächsten Schritte?
Und jetzt geht es darum, etwas mitzunehmen in meinen Alltag hier in der Schweiz. Vor 11 Jahren war ich nach der Kur auf Reisen und habe mich nicht wirklich darum gekümmert, inwiefern die Einbindung von Ayurveda in meinen Alltag sinnvoll ist.
Und jetzt? Mein Ziel war in erster Linie, meinen Körper von den Giftstoffen unseres westlichen Lebens und der Operation zu befreien und das habe ich erreicht. Schon vor meinem Aufenthalt hatte ich meine Ernährung umgestellt und das hat sich bewährt. Ein einfacher ayurvedischer Ansatz ist, morgens nach dem Aufstehen ein Glas warmes Wasser zu trinken. Das übernehme ich sicherlich. Ausserdem gönne ich meinem Körper auch weiterhin die Bewegung, die sich gut anfühlt. Ich mache mal ein paar Sonnengrüsse, gehe wieder öfter tanzen und setze mich ab und zu auf das Meditationskissen. Aber alles nicht nach einem fixen Plan, sondern instinktiv.
Ich nehme mit, dass ich mich meinem Körper näher fühle als zuvor und einmal mehr weiss, dass ich meiner Intuition trauen kann. Ausserdem habe ich mich in verschiedenen Situation darin geübt, meinen Kopf und meine Gedanken besser zu steuern. So ganz nach dem Motto: ich bin hier der Chef!
Noch mehr Fotos und Einblicke gefällig?
Ich habe auf Instagram jeden Tag Fotos, Eindrücke und Informationen geteilt. Du findest diese auf meinem Coaching Profil unter dem Highlight „Ayurveda Kur“.
Vor meiner ersten Kur hatte ich dieses Buch gelesen. Dieses Mal war die Zeit vorher zu knapp, aber ich werde es jetzt mal wieder zur Hand nehmen, um gewisse Themen nachzulesen.
Interessierst du dich für Ayurveda? Dann ist dieses Buch eine gute Möglichkeit, um dich zu informieren.